Wirtschaft

Von Spätzli zu Gras-Zigaretten

Von Spätzli zu Gras-Zigaretten
Samuel Wüst
Lesezeit: 5 Minuten

Mitte Mai ist das Gossauer Familienunternehmen Swiss Financial Holding AG bei der Pada Switzerland GmbH eingestiegen, die in Steinach die «Heimat»-Hanfzigaretten produziert. Zur SFH-Gruppe gehören unter anderem der industriepark.sg, die Lebensmittel-Manufakturen Bufis und Alder’s-Food oder der Kinder-Indoorspielplatz Bambolino. Warum jetzt gerade Hanf – und wohin soll der Pada-Weg führen? Antworten hat Samuel Wüst, Mitinhaber der SFH Gruppe.

Samuel Wüst, Sie sind zu dritt in zwei Generationen in der SFH engagiert.
Genau. Die Swiss Financial Holding AG ist unsere Familienholding. Diese bündelt verschiedene Unternehmen, die vollumfänglich in unserem Besitz sind oder – wie im Fall von «Heimat» – an denen wir Beteiligungen halten. Ben, mein Bruder, ist Geschäftsführer der beiden Gossauer Lebensmittel-Manufakturen Bufis AG und Alder’s-Food AG. Als gelernter Koch versteht er, wie frische Lebensmittel wie Dip- oder Salatsaucen, aber auch Spätzli oder Gewürze produziert werden müssen, damit sie schmackhaft sind und den Endkonsumenten überzeugen. Ausserdem führt er ein Spin-off, das aktuell Protein-Drinks entwickelt. Unser Vater Reinhard Wüst unterstützt mit seiner langjährigen Erfahrung das Bambolino, ein Indoor-Kinderspielparadies mit Vintage-Bistro in der Shopping-Arena St.Gallen, die Gossauer Swissdesign Ladenbau AG sowie des Technologieunternehmens Neurobat Schweiz AG. Bei Bedarf steht er auch uns immer zur Verfügung, mit Ideen und wertvollen Inputs.

Und Sie selbst?
Ich bin Geschäftsführer der Swiss Industrial Investment AG, die den industriepark.sg in Gossau betreibt: ein riesiges Industrieareal mit vielen Mietern, einem voll automatisierten Hochregallager und Blocklagern für rund 16´000 gekühlte, tiefgekühlte und ungekühlte Palettenplätze. Und seit Mai 2024 darf ich als Co-Geschäftsführer die Hanf-Pioniere von Heimat operativ wie auch strategisch unterstützen.

Angefangen hat alles vor über 20 Jahren …
… als mein Vater Reinhard Wüst eine brachliegende Industrie aus dem Konkurs der Swiss Dairy Food, damals bekannt als Toni-Molkerei, gekauft und sie mit neuem Leben gefüllt hat, stimmt. In zweiter Generation haben Ben und ich die jeweiligen Firmen weiter ausgebaut. Wir haben in den vergangenen 20 Jahren über 20 Millionen Franken in den technologischen und funktionalen Ausbau des Industrieparks und dessen Mietflächen investiert sowie ein Fullservice-Dienstleistungsangebot mit Kommissionierung, Co-Packaging etc. in unserem Logistikzentrum entwickelt. Mein Bruder hat die Produktdiversifikation im Lebensmittelgeschäft sowie den Ausbau der Produktionsräumlichkeiten und -maschinen vorangetrieben und die Firma Bufis sowohl bei Privatkunden als auch als Lohnhersteller bei Geschäftskunden etabliert.

 

Gemeinsam für die Energiezukunft  ZbW  

«Zuerst muss uns ein Brand, das Produkt oder der Mensch dahinter sympathisch sein.»

Auf den ersten Blick ein heterogener Mix – wie wählen Sie die Engagements und Beteiligungen der Familienholding aus?
Ganz ehrlich? Es ist ein Mix aus Sympathie, potenzieller Schnittstellen, sorgfältiger Due Diligence und Bauchgefühl. Zuerst muss uns ein Brand, das Produkt oder der Mensch dahinter sympathisch sein. Können wir uns damit identifizieren? Wenn ja, dann entdecken wir schnell Synergien: in der Herstellung, in der Lagerhaltung und Logistik oder auch im Vertrieb. Selbstverständlich folgt dann eine professionelle und eingehende Due Diligence – gepaart mit dem Bauchgefühl «wir tun das Richtige». Als passionierte Ostschweizer Unternehmer liegen uns die Menschen in unserer Region am Herzen und wir wollen Schweizer Firmen in Schweizer Händen behalten – ein weiteres Kriterium, um ausländischen Investoren zuvorzukommen (lacht).

Beteiligen Sie sich jeweils «nur» finanziell oder engagieren Sie sich auch operativ?
Wir sind keine klassischen Investoren oder Geldgeber im Hintergrund. Wir sind stolz darauf, immer auch unser breites Know-how und unsere langjährige Expertise in der Geschäftsführung einzubringen sowie unser Netzwerk mit Kontakten zu öffnen. Unser Ziel ist eine ganzheitliche Denkweise, um miteinander voranzukommen.

Und was hat Sie dazu bewogen, mit der SFH bei der Pada Switzerland GmbH einzusteigen?
Roger Koch suchte im Februar 2024 Kapital und strategische Partner. Ben und mir war er sofort sympathisch; zwischenmenschlich hat es einfach gepasst. Das Unternehmen teilt ähnliche Werte wie unsere Familienholding und hat den Drive, um erfolgreich zu sein. Wir sehen Synergien mit unseren angestammten Firmen und glauben an das grosse Potenzial von Hanf- und CBD-Produkten – auch wir haben schon 2015 mit Hanf im Getränkebereich experimentiert und Superfood-Shots produziert. Wir wollen den Ostschweizer Produktions- und Wirtschaftsstandort weiter stärken – und dieses regionale Kult-Unternehmen muss aus unserer Sicht unbedingt in Schweizer Hand bleiben.

 

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«Das Potenzial von Hanfprodukten im Lebensmittelbereich ist noch kaum angetastet.»

Gut, aber welche Synergien sehen Sie konkret zwischen der SFH und Pada?
Das riesige Potenzial von Hanfprodukten im Lebensmittelbereich ist noch kaum angetastet: Aktuell werden mit Hanftees, einem brandneuen Eistee und Zigaretten und Tabakmischungen spannende Märkte bedient. Der gesamte Lebensmittelbereich birgt aber noch viel mehr Möglichkeiten. Ausserdem können wir Lagerräume und Logistikdienstleistungen nach höchsten Standards und «Swiss Medic»-Zertifizierung zur Verfügung stellen. Und zu guter Letzt gilt es, die gemeinsamen Ziele im Verkauf zu nutzen: unsere Liste an Kontakten und diejenige von Roger Koch lassen sich sehen.

Wie wollen Sie nun das Wachstum von Pada vorantreiben?
Roger Kochs Innovationsdrang ist schier ungebremst; er hat unzählige Ideen und schafft es, diese auch in die Praxis umzusetzen. Mit neuen Produkten, neuen Geschäftsfeldern, verstärkter Kundenakquise und breiteren Marketingaktivitäten möchten wir das Wachstum kontinuierlich vorantreiben. Wir sind äusserst zuversichtlich, dass uns dies gemeinsam gelingen wird.

Zum Start der Fussball-EM haben Sie die «Gras-Zigi» lanciert. Der Anfang einer Innovationskette?
Das kann man so sagen: Die Gras-Zigis sind Pre-Rolls aus Schweizer Hanf, ohne Tabak! Ebenfalls erst vor Kurzem wurde der «Fresh Cannabis Ice Tea» gelauncht, ein reines Schweizer Naturprodukt, das ohne künstliche Aromen und Schwarztee auskommt. Eine echte Produktinnovation wird der erste aus Hanf gemachte CBD-Snus, der demnächst produziert wird. Generell werden wir im Snusbereich expandieren. Und dann sind da natürlich noch einige Dinge in der Pipeline, über die ich jetzt (noch) nicht sprechen darf.

 

«Dieses regionale Kult-Unternehmen muss unbedingt in Schweizer Hand bleiben.»

Werden diese Produkte in Steinach hergestellt oder bei einer Ihrer Lebensmittelfirmen in Gossau?
Wir wollen nicht krampfhaft versuchen, eine Firma in unsere bestehenden Strukturen zu integrieren. Wir entscheiden situativ, was Sinn macht und wo die jeweiligen Infrastrukturen vorhanden sind. Bis auf Weiteres bleibt die Produktion der bewährten Produkte in Steinach. Bei jeder Neuentwicklung prüfen wir sorgfältig, welcher Standort der ideale ist. Grundsätzlich sind wir auch offen für jeden Markt – wir haben uns noch nie vor einer Herausforderung gescheut. Fest steht, dass der DACH-Raum sowie Italien und Frankreich spannende Zukunftsmärkte für uns sind.

Welche Rolle werden Ihre Erfahrung und Ihr Netzwerk in der Weiterentwicklung aller Firmen inkl. Pada spielen?
Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Part stetig zunehmen wird. Wir geniessen die Vorteile einer global vernetzten und zunehmend digitalen Welt – möchten uns gleichzeitig aber auf echte Menschen und Meinungen verlassen. Hier kommen wir ins Spiel: Wir kennen die Entscheidungsträger und Einkäufer und wissen, was Ihnen wichtig ist! Es ist nicht nur der Preis, der entscheidet, es sind vor allem auch die Qualität, das Vertrauen und die gemeinsamen Erfahrungen aus vergangenen Projekten. Wir stehen für eindeutige Werte und das Gegenüber weiss, was er bei uns bekommt. Auf dieser Basis sind wir in der Lage, strategische Partnerschaften zu bilden sowie unseren Verkauf und die Logistik zu stärken.

Zum Schluss: Rauchen Sie auch bisweilen eine «Heimat»-Zigarette?
Den Zigaretten habe ich letzten September mehrheitlich abgeschworen. Seither geniesse ich lieber eine Zigarre – und wer weiss, vielleicht ziehe ich ja bald an einer «Heimat Longfiller» – Made in Switzerland!

Text: Stephan Ziegler

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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