St.Gallen

Wasserstoff als Energieträger etablieren

Wasserstoff als Energieträger etablieren
Giuseppe Lamorte, Martin Osterwalder, Dr. Markus Friedl, Bruno Eisenhut (Leiter Aussenbeziehungen IHK St.Gallen-Appenzell)
Lesezeit: 4 Minuten

Der Wasserstoff dürfte dereinst einer der wichtigsten Pfeiler unserer Energieversorgung werden. Gerade in der industriellen Ostschweiz gibt es viel Potenzial, das es zu nutzen gilt. An einem Infoabend bei Stadler in St.Margrethen am 11. September 2024 klärten der AGV Rheintal und die IHK St.Gallen-Appenzell die Anwesenden auf.

Text: Fabian Alexander Meyer

«Mehr als zwei Drittel des nationalen Energieverbrauchs sind fossil», eröffnet Markus Bänziger, Direktor der IHK St.Gallen-Appenzell, den Abend. «Es ist unser Anspruch, dass wir jetzt von den fossilen Ressourcen wegkommen. Denn diese sind endlich und laufen irgendwann aus.» Früher sei es noch normal gewesen, Benzin in der Apotheke zu kaufen – heute haben sich die Ansprüche geändert. «Interessant ist, dass die Wirtschaft nur einen Drittel des Energieverbrauchs verzeichnet.»

Wasserstoff bietet sich bestens als Alternative zu den gängigen fossilen Energien an. Denn: Wasserstoff kann Energie speichern. Damit kann man anschliessend fossile Energien wie beispielsweise Erdgas ersetzen. Auch in sonnen- und windarmen Zeiten kann man Wasserstoff zur Energie-Erzeugung nutzen. Vergessen darf man aber eines nicht: Wasserstoff ist ein sekundärer Energieträger. Das heisst dass seine gespeicherte Energie ebenfalls klimaneutral hergestellt werden muss, damit der Wasserstoff klimaneutral ist. (Quelle)

Markus Bänziger
Markus Bänziger

Batterie-Züge als (mögliche) Lösung

Lucius Gerig, Divisionsleiter Schweiz bei Stadler, bläst in das gleiche Horn: «Wir bei Stadler sind zwar ein Industriebetrieb und verbrauchen damit ebenfalls Energie; nur ist unser Energieverbrauch im Verhältnis gesehen verschwindend gering. Die Hauptverbraucher der Energie sind der Betrieb unserer Züge sowie die Lieferanten.» Damit die Nachhaltigkeit gefördert werde, gehe man daher proaktiv auf die Verantwortlichen zu, um gemeinsam Lösungen zu finden..

Eine Lösung ist beispielsweise ein Batterie-Zug. Dieses Schwert ist jedoch zweischneidig: «Im Schweizer Netz macht ein batteriebetriebener Zug wenig Sinn – wir sind ja schon elektrifiziert. Aber wenn wir die Batterie-Züge dort anbieten, wo sie gebraucht werden, sind sie sinnvoll und ein deutlicher Fortschritt. In den USA wiederum käme beispielsweise Wasserstoff in Frage.»

Mit dem RS Zero, einem Produkt aus dem Hause Stadler, beschreitet man beide Wege gleichzeitig. So soll der Zug sowohl über einen batterie-, wie auch wasserstoffbetrieben Antrieb verfügen und nahtlos zwischen beiden Modi wechseln können.

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Lucius Gerig
Lucius Gerig

Wasserstoff als Energieträger

Anschliessend war es Zeit für Dr. Markus Friedl von der Ostschweizer Fachhochschule. «Wir an der OST bauen unsere Theorien auch in der Praxis nach. Derzeit wird in Horgen gerade eine Anlage für die Methanolsynthese gebaut. Aus Wasserstoff kann man synthesisches Methanol erzeugen und damit unter anderem Erdöl ersetzen.»

Bevor sich jetzt aber jeder Haushalt überlegt, auf Wasserstoff umzusteigen, nimmt der Professor allen Voreiligen den Wind aus den Segeln: «Einmal in Jahr eine Batterie mit Wasserstoff aufzufüllen und diese dann über das Jahr hinweg zu brauchen, macht finanziell gesehen keinen Sinn. Viel mehr soll Wasserstoff als Ergänzung zu biogenen Quellen gesehen werden; darunter eben Erdgas.» Wasserstoff ist also ein wichtiger Energieträger, ein wichtiger Rohstoff und auch ein wichtiges Exportprodukt.

Dr. Markus Friedl
Dr. Markus Friedl

Die Rolle von Energie in KMUs

Giuseppe Lamorte, COO der «Wasch & Härte Technik Oberriet AG», spricht aus Sicht eines Unternehmers. So beziehen die Rheintaler Wasserstoff von der Axpo AG. Im Jahr 2023 belief sich der Wasserstoffverbrauch auf rund 105'000 Kubikmetern in einem Jahr. Dabei richtet sich die Firma an die immer gleiche Struktur. Der Kunde und die Kundenzufriedenheit stehen in der Hierarchie ganz oben.

Danach kommen die Kultur innerhalb des Unternehmens, die Marktdienstleistungen und dann die Prozesse. Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit haben also die höchste Priorität und stehen in der Hierarchie über den Dienstleistungen. Dem jungen Unternehmen liegt die Nachhaltigkeit sehr am Herzen. Nicht nur arbeitet es mit Wasserstoff; auch werden die Anlagen vor Ort produziert.

Giuseppe Lamorte
Giuseppe Lamorte

Mit Wasserstoff den Winter überbrücken

Den Abschluss macht Martin Osterwalder, CO-CEO von Osterwalder. «Bei uns scheint die Sonne im Winter nicht so oft wie im Sommer. Dadurch haben wir einen sogenannten Gap von rund 20 Terrawattstunden. Von diesem wissen wir nicht, wie wir ihn managen sollen.»

Daher habe man sich diese Frage gestellt und sei während der Lösungsfindung auf den Wasserstoff gekommen. «Damit ist es möglich, die überschüssigen Energiemengen aus dem Sonmer zu speichern und damit in den Winter zu holen, in welchem wir mehr Energie brauchen als im Sommer. Denn Wasserstoff nimmt diese Energie auf und speichert sie ab. So können wir sie nach Belieben verwenden.» Dazu kommt noch, dass Wasserstoff so gut wie gar kein Co2 hat und dadurch gut für die Unwelt ist. Jetzt gelte es, diese neue Erkenntnis und die frohe Kunde zu teilen und den Wasserstoff als Energieträger zu etablieren.

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Martin Osterwalder
Martin Osterwalder

Early Innovators gesucht

In der anschliessenden Diskussion stellten sich die Referenten den Fragen aus dem Publikum. Unter anderem das Geld spielte mal wieder eine Rolle. Grundsätzlich handle es sich bei der Preisgebung von Wasserstoff um einen Herstellungspreis, der auch vom Strompreis abhängig sei. Ergo: Je günstiger der Strom, desto günstiger auch der Wasserstoff.

Dennoch zeige sich die Bevölkerung gegenüber dem «neuen» Produkt noch ambivalent. Denn auf der einen Seite wollen alle ein umweltfreundliches Produkt, auf der anderen Seite will aber niemand den entsprechenden Aufpreis zahlen. Osterwalder bringt es auf den Punkt: «Alle wollen Bio, aber sobald neben dem Bio-Schild auch ein teurer Preis drauf steht, zählt doch nur noch der Geldbeutel.»

Anderes Thema: Es wird wohl noch einige Zeit ins Land ziehen, bis der Wasserstoff etabliert ist. Denn die fossilen Energien sind einfach unschlagbar. So viel Energie kriege man nirgends. Jetzt müsse man die Leute vom Wasserstoff überzeugen. Denn die Mineralölsteuer falle weg und mache das Produkt dadurch günstiger. Klaus Brammertz, Präsident des AGV Rheintal, bringt es auf den Punkt: Es brauche jetzt Early Innovators, die einen Stein ins Rollen bringen und die Leute zum Umdenken bringen.

Klaus Brammertz, Präsident AGV Rheintal
Klaus Brammertz, Präsident AGV Rheintal

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