Den Gründerkanton Thurgau stärken
Janine Brühwiler, zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch zum Zehnjährigen von Startnetzwerk Thurgau! Wie haben Sie gefeiert?
Zum Jubiläum haben wir eine eindrucksvolle Feier veranstaltet. Über 300 Gäste, darunter Gründer, Netzwerkpartner, Sponsoren und Coaches, versammelten sich in Frauenfeld, um diesen besonderen Anlass zu zelebrieren. Das Bühnenprogramm enthielt tiefgreifenden Diskussionen über Kundengewinnung und Finanzierung. Zusätzlich hatten die Gäste die Möglichkeit, mehr als 20 Gründer-Aussteller zu besuchen und ihre innovativen Ideen kennenzulernen. Es war eine inspirierende Nacht, die die Stärke und Vielfalt der Gründerszene im Thurgau eindrucksvoll hervorbrachte.
Worauf sind Sie in diesem Jahrzehnt besonders stolz?
Das Wesentliche war die Gründung des Vereins durch die IHK Thurgau, den Gewerbeverband Thurgau, die Thurgauer Kantonalbank und den Kanton Thurgau. Diese vier Träger haben erkannt, dass eine solche Organisation notwendig ist, um die Thurgauer Wirtschaft nachhaltig zu fördern. Vor drei Jahren hat der Vorstand die Ressourcen erhöht und damit den Weg für zahlreiche Massnahmen und Projekte geebnet, um die Unterstützung für Gründer im Thurgau effektiver und zielgerichteter zu gestalten. Dabei stechen insbesondere die Gründerkurse mit dem RAV heraus, aber auch die Kooperation mit Startfeld, der Start-up Förderung des Switzerland Innovation Park Ost.
Gab es auch herausfordernde Zeiten?
Ja, die gab und gibt es noch immer. Die grösste Herausforderung besteht darin, verschiedene Interessenvertreter an einen Tisch zu bringen, die nicht nur ihre Zustimmung signalisieren, sondern sich auch aktiv an der Umsetzung beteiligen und gemeinsam an einem erfolgreichen Ergebnis arbeiten. Es erfordert die Koordination und Mobilisierung von verschiedenen Parteien, um sicherzustellen, dass die gemeinsame Idee erfolgreich in die Tat umgesetzt wird.
Welche Schlüsse haben Sie daraus gezogen?
Es ist von entscheidender Bedeutung, alle beteiligten Akteure frühzeitig einzubinden und eine grössere Perspektive einzunehmen. In der Welt der Gründer und Start-ups ist es unerlässlich, über (geografische) Grenzen hinauszublicken und eine umfassende Vernetzung anzustreben. Das Festhalten an kantonalen Denkweisen und Abgrenzungen erweist sich als unzureichend, um die innovativen Ideen und Bedürfnisse der Gründer effektiv zu unterstützen und zu fördern.
Das Startnetzwerk Thurgau hat über 1500 angehende Gründer unterstützt. Welche waren besonders erfolgreich?
Es gibt einige Unternehmen, die erfolgreich durchstarten konnten. Mir fallen spontan Kemaro, Blackroll, Ensoy, Busfahrer, Evenlox, RHS Innovation, Swissphysio mobile oder 1 Lims ein. Alle diese Unternehmen haben von verschiedenen Unterstützungsangeboten profitiert.
Welche Art von Workshops und Coachings bietet Startnetzwerk Thurgau an?
Unsere Workshops umfassen Themen, die besonders in den ersten Jahren der Unternehmensgründung von Bedeutung sind. Wir adressieren dabei wichtige Inhalte wie Marketing, Versicherung, Finanzierung, Markenschutz oder Buchführung. Unsere Schwerpunkte richten wir nach den Bedürfnissen der Gründer aus und berücksichtigen zudem aktuelle Themen wie Künstliche Intelligenz. Die Coachings variieren stark und werden an die individuellen Herausforderungen der Gründer angepasst. Unsere Coaches begleiten sie über einen längeren Zeitraum und fungieren als eine Art Sparring-Partner. Sie stellen kritische Fragen, hinterfragen Aspekte, teilen Ideen und geben gleichzeitig ihr Wissen und ihre Erfahrung weiter.
Warum ist Networking und der Austausch von Erfahrungen Ihrer Meinung nach so entscheidend für den Erfolg von Jungunternehmen?
Networking ermöglicht den Austausch von Erfahrungen, wodurch Gründer von den Erfolgen und Fehlern anderer profitieren können. Dies trägt zudem zur Risikominderung bei, da Informationen und Ratschläge dazu beitragen können, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und zu bewältigen. Ferner eröffnet Networking Kooperationsmöglichkeiten und Partnerschaften, steigert die Glaubwürdigkeit des Unternehmens und fördert die Motivation und den Unternehmergeist.
Der Thurgau gilt bisher nicht als grösster Start-up-Kanton. Woran liegt das?
Es ist entscheidend, zunächst zwischen allgemeinen Firmengründungen und Start-ups zu unterscheiden. Im Kanton Thurgau verzeichnen wir eine gute Anzahl an Neugründungen. Im Gegensatz dazu gibt es hier nicht so viele Start-ups, da diese in der Regel in der Nähe von Hochschulen und Universitäten angesiedelt sind und meist sogar aus diesen hervorgehen. Im Thurgau verfügen wir lediglich über eine Hochschule, was nicht ausreicht, um eine Vielzahl innovativer Start-ups hervorzubringen.
Und wie möchten Sie das ändern?
Wir legen unseren Fokus einerseits auf allgemeine Firmengründungen und bieten Unterstützung für alle, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Wenn wir jedoch mehr Start-ups in unserer Region anziehen oder halten möchten, besteht die Möglichkeit, unsere Förder- und Unterstützungsmassnahmen gezielt für sie zu erweitern. Diesen Weg haben wir bereits in Zusammenarbeit mit Startfeld St.Gallen eingeschlagen.
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Gibt es geplante Aktivitäten, um die Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups im Thurgau zu fördern?
Ja, solche Initiativen sind vorhanden. Wir engagieren uns aktiv in den Projekten «Stadtkaserne Frauenfeld» und «Digital & Innovation Campus» in Kreuzlingen mit dem Ziel, diese zu festen Standorten für unsere Dienstleistungen zu entwickeln. An diesen Standorten werden nicht nur Gründer anzutreffen sein, sondern auch etablierte Unternehmen. Ausserdem befinden sich noch weitere Initiativen in der Ideenphase. Dazu kann ich aber noch nichts verraten.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Das Startnetzwerk hat sich von bescheidenen Anfängen zu einer essenziellen Ressource für Gründer entwickelt. Diese Entwicklung möchten wir vorantreiben und unser Angebot schärfen, um die Sichtbarkeit des Gründerstandorts Thurgau zu erhöhen. Dies umfasst massgeschneiderte Dienstleistungen in den Bereichen Beratung, Workshops und Coaching sowie die Förderung des Netzwerks. Die beiden neuen Standorte Frauenfeld und Kreuzlingen sind dabei wesentliche Bestandteile. Sie werden unter anderem als Plattformen für Wissenstransfer und Austausch dienen.
Text: Miryam Koc
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer