Aus Appenzell zu Brioni, Hermès, Zegna & Co.
Die Zusammenarbeit zwischen Cilander und Alumo dauert schon Jahrzehnte: Bisher hat die Cilander die Luxushemden von Alumo veredelt. Nun geht die Alumo AG (ein Zusammenzug der Namen Albrecht und Morgen; Carl Albrecht gründete das Unternehmen als Zwirnmanufaktur 1918, Robert Morgen stieg 1941 als Partner ein) vollständig in den Besitz der AG Cilander über.
Die ehemalige «Mutter» der Alumo, die Alba-Gruppe, zu der bis Februar 2021 auch die Weberei Appenzell Weba gehörte, hat sich vollständig aus dem Textilbereich zurückgezogen und so auch die 50 Prozent, die sie an der Alumo AG noch hielt, an Cilander verkauft, die schon die andere Hälfte besass.
Kräfte gebündelt
«Wir passen mit unseren luxuriösen Hemdenstoffen perfekt in die Cilander-Strategie. Zudem ist es für die Alumo wichtig, als kleine Firma starke Partner zu haben. Cilander ist als Inhaber und Ausrüster unserer Stoffe die ideale Besetzung», so Alumo-CEO Sandra Geiger, welche die Geschicke der Alumo AG seit sechs Jahren führt.
Cilander-CEO Burghard Schneider sagt zur Übernahme: «Mit der Übernahme des Weltmarktführers für ultrafeine Baumwollstoffe expandieren wir in ein neues Marktsegment und stellen die Weichen für eine erfolgreiche Erweiterung unseres Produktportfolios und die Erschliessung neuer Absatzmärkte. Die Akquisition der Alumo AG folgt konsequenten strategischen Interessen.» Die Alumo AG werde weiterhin als unabhängiges Unternehmen agieren und dabei ihre strategische Ausrichtung bei den angebotenen Stoffen und ihre Standards für Exzellenz in Service und Qualität beibehalten. Alle 20 Angestellten sollen weiter beschäftigt werden.
Einstellung der Maschinen als Geheimnis
Gibt es also eine Zukunft für die Textilindustrie in der Ostschweiz? «Absolut», ist Geiger überzeugt. «Wir sind in der Nische Luxushemden Weltmarktführer. Und hier gibt es für uns mit Sicherheit eine Zukunft, denn unsere feinen Baumwollstoffe sind im obersten Marktsegment bei Marken wie Gucci, Hermès, Burberry, Zegna oder Brioni bekannt und beliebt.» Alumo liefert an 800 Kunden in 50 Ländern; gefragt sind die Stoffe aus Appenzell nicht nur bei den bekanntesten Modelabels, sondern auch bei den besten Massschneidern in London, New York oder Hongkong.
USP der Stoffe «Made in Appenzell» ist die Feinheit, die für das typische «silky soft handfeel» sorgt. Ebenfalls nicht zu unterschätzen: der zuverlässige, pünktliche Schweizer Service, der von den internationalen Modehäusern sehr geschätzt wird. «Für diese Webtechnik auf höchstem Niveau hüten wir unser Detailwissen über die Einstellung und Ausrüstung der Maschinen als unser bestes Geheimnis», so Sandra Geiger. «Mit einer unvergleichlich weichen und natürlichen Veredelung perfektionieren wir unsere Stoffe zur Alumo-Qualität, die weltweit ihresgleichen sucht.»
Baumwolle wird von Hand geerntet
Der ganze Herstellungsprozess entspricht, selbstverständlich, den weltweit höchsten Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards. «Wir verpflichten uns und unsere Lieferanten zur Einhaltung der ZDHC-Liste der verbotenen chemikalischen Substanzen in der Textilproduktion und zum holistischen Nachhaltigkeitsversprechen der Step-by-Oeko-Tex-Zertifizierung.»
Und was heisst das für ein Hemd, das mit Stoffen aus Appenzell hergestellt wurde – wieviel kostet so eines? «Hemden aus unseren Vollzwirnstoffen können im Laden eigentlich nicht weniger als 270 Franken kosten», rechnet CEO Sandra Geiger vor. Und wenn gar Spitzenqualitäten zum Einsatz kommen, liege das Hemd auch schon mal bei 400 Franken und mehr, etwa bei Smokinghemden aus Plissee. Geiger findet das nicht teuer – im Gegenteil: «Unser NE-170/2-Garn etwa wird aus der ägyptischen GIZA-45-Baumwolle gesponnen. Die Fasern sind so fein, dass ein Gramm Garn eine Reichweite von 145 m hat. Beim Anbau in Ägypten wird die Baumwolle von Hand geerntet», sagt Sandra Geiger.
Vom Scheuerlappen- zum Seidengefühl
Für ihre weltweit geschätzte Qualität gibt die Alumo also buchstäblich die Fäden nicht aus der Hand, sondern behält die Herstellung vom Design bis zur Ausrüstung in eigenen Händen. «Nach der Auswahl extra-langstapeliger Baumwolle, die wir für jede Charge persönlich durchführen, verarbeiten wir sie zu feinsten Zwirnen, die wir zu unseren einmaligen Stoffen weben.»
Die Qualität von Faser und Garn sind objektive Kriterien, wie sich der Stoff anfühlt, hat mit dem abschliessenden Veredelungsprozess zu tun – und hier kommt die AG Cilander ins Spiel: Der 1814 gegründete Textilveredler aus Herisau produziert mit rund 200 Angestellten über 20 Millionen veredelte Gewebe für technische und Bekleidungstextilien, darunter seit Jahrzehnten auch diejenigen der Alumo.
Die Veredelung gibt dem Gewebe, das sich frisch aus dem Webstuhl rau wie ein Scheuerlappen anfühlt, den gewünschten «Griff». Bei Popeline soll er seidig sein, bei Batist oder Voile duftig und beim Oxford kernig-fest. «Wir haben im Laufe der vielen Jahre über 160 Rezepturen in enger Zusammenarbeit mit Cilander entwickelt, die bis zu 25 Prozessschritte wie Sengen, Bleichen, Sanforisieren, Kalandrieren oder auch Tumbeln beinhalten», so Sandra Geiger. Während zahlreicher Veredelungsschritte wird so das Gewebe geglättet, gebleicht und mit dem begehrten, edlen Glanz ausgestattet – der dann Persönlichkeiten auf der ganzen Welt ziert.
Um ein Hemd aus Alumo-Stoff zu erwerben, muss man allerdings nicht an die Savile Row in London reisen: Die «Manufaktur» von Karin Bischoff und Kathrin Baumberger in St.Gallen bietet die Hemden auch hierzulande an.