Klartext von SVS: Werte vertreten und verteidigen
Ich habe ganz genau beobachtet, wann die Hand bzw. der Säbel meines Freundes bei der besagten Abstimmung in die Höhe ging – wär’s beim Nein gewesen, wäre aus dem besagten Freund wohl kaum der spätere Ehemann geworden!
Die beiden Landsgemeinden 2024 in Appenzell und Glarus haben mich nachhaltig beeindruckt. Zum einen die Disziplin und Standfestigkeit – im wahrsten Sinne des Wortes – der Stimmberechtigen. Stundenlanges Stehen im Ring (Sitzplätze sind den Gästen vorbehalten), den Rednern wird aufmerksam zugehört. Diese Urform der Demokratie ist faszinierend. Zum anderen die vielen jungen Menschen, die mit ihrer Teilnahme ihre Bereitschaft dokumentieren, die Tradition hochzuhalten und weiterzuführen – wunderbar!
Dass die Achtung von Traditionen nicht bedeuten muss, im Hergebrachten zu verharren, sondern Neuerungen, Fortschritt und Entwicklungen zulässt, zeigt sich etwa auch daran, dass die Appenzeller die erste Totalrevision ihrer 152-jährigen Kantonsverfassung angenommen haben. Gemeinsam weiterzuentwickeln, ohne Bewährtes über Bord zu werfen, das ist die Kunst.
Dies tut auch Not bei einem der wichtigsten Grundpfeiler unserer Schweizer Identität – der Neutralität. Wir haben die Wahl zwischen starrem Bewahren, wie es die kürzlich eingereichte Neutralitätsinitiative will, und einem Verständnis von Neutralität, welche die Möglichkeit einräumt, gegen Kriegsverbrechen und Vertragsbrüche Stellung zu beziehen. Neutral sein heisst für mich nicht, keine Werte vertreten und auch verteidigen zu dürfen. Für Diskussionsstoff ist gesorgt!
Text: Susanne Vincenz-Stauffacher