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Leicht getrübte China-Begeisterung

Leicht getrübte China-Begeisterung
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Das Verhältnis des Westens zu China ist angespannt, doch das Riesenreich ist längst ein dominanter Faktor in der Weltwirtschaft geworden. Die Schweizer Wirtschaft hat sich gut damit arrangiert.

Der Boulevard jaulte auf: Chinesen wollen grosse Trinkwasserquelle in Turtmann VS kaufen, schrieb der Blick. Wehret den Anfängen, sagten sich darauf die Sportstars Roman Josi, Mark Streit, Yann Sommer und Christian Stucki und stiegen als Miteigentümer bei der Mineralquelle Adelboden ein.

Systematischer Einfluss auf Kommunen

Dass von Toblerone bis Elmex ausländische Konzerne bei ikonischen Schweizer Brands das Sagen haben, knickt die Volksseele schon zur Genüge. Dass nun bald die Chinesen unser Land übernehmen, das geht gar nicht. Gut, wenn Chinesen das Dach für die neue Olma-Halle bauen, kann man das noch akzeptieren – weil das offenbar sonst niemand so günstig kann. Aber Meldungen über geheime chinesische Polizeiposten in westlichen Ländern, die Landsleute bespitzeln, sind ebenso wenig vertrauenerweckend wie Recherchen, die zeigen, wie China systematisch Einfluss in deutschen Kommunen zu gewinnen versucht. China baut eine neue Seidenstrasse, China kauft und betreibt Häfen in Europa, China sichert sich Agrarland in Afrika. Und unsere Mode «Made in Italy» stammt aus chinesischen Fabriken in der Toskana.

Die Skepsis gegenüber dem unbekannten asiatischen Riesen ist riesig. Wenn ein Unternehmen in China eine Präsenz aufbaut, dann nur, um von billigen Lohnkosten zu profitieren, wenn Chinesen in der Schweiz investieren wollen, dann nur, um uns unser Wissen, unser geistiges Eigentum abspenstig zu machen.

 

«China ist für Ostschweizer Unternehmen ein bedeutender Faktor.»

China treibt die Innovation an

Die Schweizer Wirtschaft und mit ihr auch die Politik zeichnen längst ein anderes, differenziertes Bild von China, und auch Experten wie der Direktor des China Competence­Centers der HSG, Tomas Casas Klett, betonen, dass die Chinesen längst nicht mehr systematisch westliche Technologien kopieren, sondern selbst ein Treiber der weltweiten Innovation seien.

Als Ende Mai die chinesische Generalkonsulin Chen Yun aus Zürich zum Antrittsbesuch in den Thurgau reiste, orientierte die Thurgauer Staatskanzlei über den «Austausch zu diversen aktuellen Themen» unter dem Stichwort «freundliches Kennenlernen».

In zwei, drei Jahren, wenn die chinesische Wirtschaft sich von der Pandemie und den knallharten Lockdowns erholt haben wird, werden chinesische Investoren auch in der Ostschweiz nach spannenden Business-Opportunities suchen. Spätestens dann werden im Rahmen des freundlichen Austauschs Nägel mit Köpfen gemacht. Sofern der Austausch denn freundlich ist. In Rapperswil-Jona will ein chinesischer Investor ein Innovationszentrum aufbauen, die Behörden machen das Vorhaben möglich – doch die Lokalpolitik bereitet dem chinesischen Unternehmen am Zürichsee einen eher frostigen Empfang.

Umgekehrt ist China gerade auch für Ostschweizer Unternehmen ein bedeutender Faktor: Der Uzwiler Technologiekonzern Bühler vermeldete im Geschäftsbericht 2021, dass China der grösste Einzelmarkt der Gruppe ist, Asien insgesamt steuerte 2022 gut einen Drittel des Umsatzes der Gruppe bei.

Die Heerbrugger SFS Group baut ihre Präsenz in China gerade aus. Das Unternehmen ist konsequent nach dem Prinzip «local for local» strukturiert; nördlich von Shanghai werden in erster Linie Komponenten für chinesische Kunden produziert.

 

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Imposantes Wachstum

Avenir Suisse hat das Handelswachstum zwischen der Schweiz und China untersucht und bezeichnet es als «imposant». Zwischen 2010 und 2019 wuchs der wirtschaftliche Austausch um 8,4 Prozent – pro Jahr. Die Investitionen von Schweizer Firmen in China stiegen von 2010 bis 2020 von weniger als zehn auf über 25 Milliarden Franken. Die zunehmenden geopolitischen Spannungen, anhaltende Menschenrechtsverletzungen in China und engste Regulierungen wie das Social-Credit-System haben die China-Begeisterung westlicher Unternehmen in jüngster Zeit allerdings etwas eingetrübt.

Im «Swiss Business in China Survey 2023», einer Studie unter Federführung des China Competence Centers der HSG, wird registriert, dass 38 Prozent der Schweizer Firmen ihre Investitionen in China erhöhen wollen – das sind deutlich weniger als noch vor einem Jahr, als es 61 Prozent waren. Die Null-Covid-Politik und die knallharten Lockdowns hinterliessen gemäss der Studie neben den geopolitischen Spannungen ebenfalls Spuren. Die Schweizer Unternehmer wurden vorsichtiger. Die Chancen, die China bietet, möchten sie aber nach wie vor nutzen.

 

Text: Philipp Landmark

Bild: zVg

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