Fokus Nachfolgeregelung

«Der Sieg liebt die Vorbereitung»

«Der Sieg liebt die Vorbereitung»
Patrick Jermann
Lesezeit: 4 Minuten

Eine Unternehmensnachfolge ist komplex und erfordert strategische Planung. Patrick Jermann, CEO der Schweizer Nachfolge Experten AG aus St.Gallen, kennt die grössten Herausforderungen, häufigsten Fehler und entscheidenden Erfolgsfaktoren bei der Übergabe eines Unternehmens.

Patrick Jermann, welche Schritte sind bei der Planung einer Unternehmensnachfolge besonders wichtig?
Jede Unternehmensnachfolge beginnt mit der Entscheidung, ob eine interne (z.B. familienintern) oder eine externe Lösung (z.B. Verkauf) angestrebt wird. Eine umfassende Analyse der Unternehmenssituation ist essenziell. Alternativen wie Teilverkauf oder internes Buy-out sollten geprüft werden.

Der Prozess startet also mit der Erkenntnis, dass Massnahmen zur Zukunftssicherung erforderlich sind.
Genau. Nach der Analyse und Identifizierung potenzieller Nachfolger kann die eigentliche Nachfolge eingeleitet werden. Besonders nach dem Closing ist die kulturelle Integration entscheidend – vor allem bei Zusammenschlüssen. Es muss geklärt werden, wie lange der bisherige Eigentümer im Unternehmen bleibt und wie die Zusammenarbeit gestaltet wird. Eine erfolgreiche Integration sollte innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen sein.

Was sind die häufigsten Herausforderungen?
Ein hoher Zeitaufwand ist eine der grössten Hürden: Die Unternehmensbewertung und Due Diligence können bis zu zwölf Monate beanspruchen. Auch die Geschäftskontinuität kann leiden, da Unsicherheiten entstehen. Externe Faktoren wie Marktschwankungen, steigende Energiepreise und Zinserhöhungen führen oft zu Verzögerungen. Zudem unterschätzen viele den Finanzierungsprozess. Ein strukturierter, vorausschauender Ansatz ist essenziell.

 

«Kein digitales Tool kann die Vertrauensbildung durch persönliche Gespräche ersetzen.»

Wann sollte ein Unternehmen mit der Nachfolgeplanung beginnen?
Idealerweise zwei bis fünf Jahre im Voraus. Diese Zeitspanne ermöglicht es dem Eigentümer, steuerliche und rechtliche Fragen zu klären, den passenden Transaktionspartner zu finden und sich flexibel auf Veränderungen einzustellen. Eine interne Nachfolge dauert in der Regel sechs bis neun Monate, eine externe bis zu zwölf Monate.

Welche Kriterien sind bei der Auswahl eines familienexternen Nachfolgers besonders wichtig?
Neben Fachkompetenz und Branchenerfahrung sind strategische Fähigkeiten, Marktkenntnisse und kulturelle Passung entscheidend. Erfahrungen im Change Management und ein respektvoller Umgang mit Mitarbeitern sind essenziell. Eine klare Entscheidungsstruktur hilft, den Übergang erfolgreich zu gestalten.

Wie wird sichergestellt, dass der Nachfolger zur Unternehmenskultur passt?
Preis und Angebot allein sollten nicht die einzigen Entscheidungskriterien sein. Interviews, psychometrische Tests und Gespräche mit Schlüsselpersonen helfen, eine kulturelle Passung sicherzustellen. Besonders bei Management-Buy-in-Kandidaten muss geprüft werden, wie sie mit bestehenden Teams zusammenarbeiten.

 

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Welche Fehler sollten unbedingt vermieden werden?
Zu spät mit der Planung zu beginnen! Die frühzeitige Klärung rechtlicher und steuerlicher Fragen sowie die Suche nach einem passenden Transaktionspartner sind entscheidend. Eine unzureichende Kommunikation kann zu Verunsicherung bei Mitarbeitern und Stakeholdern führen.

Sollte der Prozess nicht nur auf eine Bank gestützt werden?
Nein. Treuhänder, Anwälte und ein erfahrener M&A-Berater sind unerlässlich. Entscheide sollten nicht überhastet getroffen werden. Wie das lateinische Sprichwort sagt: «Amat victoria curam» – Der Sieg liebt die Vorbereitung.

Welche Rolle spielt die scheidende Geschäftsführung während der Übergangsphase?
Sie spielt eine Schlüsselrolle: Kontakte, Know-how und strategisches Wissen sollten nicht abrupt, sondern schrittweise übergeben werden. Gleichzeitig muss die Motivation der Mitarbeiter aufrechterhalten bleiben. Die Übergangsphase dauert idealerweise sechs bis 24 Monate, um die Unternehmenskultur zu bewahren und einen reibungslosen Übergang sicherzustellen.

Hat die Digitalisierung Unternehmenstransaktionen vereinfacht?
Ja. KI-Systeme und digitale Plattformen ermöglichen eine schnelle und kostengünstige Unternehmensbewertung, erleichtern die Aufbereitung von Unterlagen und vernetzen Kaufinteressenten. Dennoch kann kein digitales Tool persönliche Gespräche ersetzen. Der direkte Kontakt mit Investoren, Verkäufern und Stakeholdern bleibt essenziell, da emotionale und persönliche Faktoren eine grosse Rolle spielen. Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge erfordert daher eine Kombination aus digitalen Lösungen und persönlicher Interaktion.

Text: Stephan Ziegler

Bild: zVg

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