Wie Appenzell die Schweizer Biervielfalt rettet
Aurèle Meyer, in den vergangenen Wochen gingen Schlagzeilen durch die Medien, wonach gleich mehrere Brauereien in finanzielle Schieflage gerieten. Und jedes Mal sprang die Brauerei Locher ein. Wie kommt es dazu?
Das ist eine berechtigte Frage. Wir von der Brauerei Locher sind bereits seit zwanzig respektive zehn Jahren mit den Brauereien Egger und Chopfab befreundet und pflegen einen entsprechend freundschaftlichen Austausch. Für Egger füllen wir seit Anbeginn das alkoholfreie Bier ab und auch für Chopfab haben wir schon Dosen abgefüllt.
Mit welchem Anliegen sind die beiden Brauereien auf Sie zugekommen?
Beide Brauereien wollten eine tragfähige Lösung zur Fortführung ihrer Unternehmen erarbeiten. Daher sind wir eingeschritten und haben die Brauereien damit vor dem Aus gerettet.
Wie sieht die Lösungsfindung aus?
Ich denke, dass es beiden wichtig war, sich für eine echte Schweizer Lösung zu entscheiden. Eine Lösung, die es ihnen erlaubt, weiterhin eine eigene Identität zu haben und dennoch auf einen professionellen Partner an der Seite zählen zu können.
Damit gelten Sie als Retter in der Not. Das wird aber auch ordentlich gekostet haben …
Wir kommunizieren keine Zahlen.
Gut. Aber unterstützen Sie mit einer solchen Hilfestellung nicht mehr oder weniger auch die Konkurrenz?
Unter den Brauereien haben wir eine sehr liberale Haltung. Wir unterstützen viele Brauereien durch Lohnbrauen oder -abfüllung. Es ist ein Fakt, dass sich die Schweizer Bierkultur nicht zuletzt dank der vielen neuen, teilweise sehr kreativen Brauereien in der Vergangenheit so positiv entwickelt hat. Letztlich hilft das uns allen.
Ist das auch Teil einer Expansionsstrategie, wollen Sie die Schweiz erobern?
Es gibt keine Expansionsstrategie. Die Beteiligungen haben sich aus der Not der betroffenen Brauereien ergeben – die Betroffenen sind auf uns zugekommen. Wir sehen mit unseren Stammprodukten eine ausgezeichnete Entwicklung seit vielen Jahren; wir sind nicht auf Zukäufe angewiesen.
Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit Sie eine Brauerei finanziell unterstützen?
Dafür gibt es keine Checkliste – die Chemie muss stimmen. Und zwar nicht die im Braukessel.
Was erhoffen Sie sich von der Investition und welchen wirtschaftlichen Nutzen hat Locher davon?
In erster Linie geht es in der Anfangsphase darum, das Unternehmen zu stabilisieren, Synergien im Bereich Einkauf, Logistik usw. zu nutzen und die Marke und das Produktportfolio mit Bedacht weiterzuentwickeln.
Bedeutet das, dass die Sortimente zusammengelegt werden und wir uns auf ein weiteres Bier aus dem Appenzellerland freuen dürfen?
Nein. Jedes Unternehmen hat seine Identität, es gibt keine Vermischung. Im Grundsatz muss die Marke bzw. die Kundenbeziehung positiv behaftet sein und ein eigenständiges Auftreten haben. Im rückwärtigen Bereich gibt es Synergien; auch Abfülldienstleistungen im Bereich Dosen stehen zur Diskussion.
Trotzdem scheint es aktuell eher schwierig zu sein auf dem Biermarkt. Sehen Sie das auch so?
Ja. Der Markt ist relativ gesättigt, der Konkurrenzkampf entsprechend gross. Es ist ein reiner Verdrängungsmarkt. Spätestens, wenn grössere Investitionen anfallen, die nicht aus dem Tagesgeschäft finanziert werden können, überlegt sich der eine oder andere, ob sich das wirklich lohnt.
Treffen Sie Vorkehrungen?
Unsere Bemühungen im Bereich Upcycling tragen auch zur Diversifizierung bei. Alkoholfreie Spezialitäten entwickeln sich ebenfalls sehr positiv. Hier sind wir gut aufgestellt. Ein wesentlicher Bestandteil ist jedoch das ständige Bestreben, täglich für den Kunden das Beste zu geben und neben ausgezeichneter Produktqualität auch einen hohen Dienstleistungsgrad zugunsten des Kunden zu garantieren. Auch hier sind wir stark.
Text: Fabian Alexander Meyer
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer