Herr der Drohnen
Ueli Sager, welche Drohne ist zur Zeit der Renner in Ihrem Sortiment?
Ein sehr interessantes Modell ist die DJI Matrice 30T, eine regenfeste, zuverlässige Multisensor-Drohne. Wir gehen aber bei der Beurteilung von Drohnen selten vom Gerät aus, sondern vom Projekt und Einsatzbereich. Eine «gute» Drohne ist immer jene, die optimal auf die Anforderungen der Tätigkeit passt.
Wozu wird die Matrice 30T eingesetzt?
Vor allem von Behörden, da sie durch das starke Zoom, die Wärmebildkamera und den Laser-Rangefinder vielfältige Anforderungen abdeckt, unabhängig vom Tageslicht oder Regenfall.
Unter Ihren Kunden sind aber nicht nur Behörden, oder?
Nein. Wir konzentrieren uns auf die Anwendungsgebiete Landwirtschaft, Behörden, Inspektion und Vermessung. Aus diesen Berufsfeldern kommen unsere Kunden hauptsächlich.
Und welche Branche ist am häufigsten vertreten?
Die drei Kompetenzgebiete sind ungefähr gleich stark vertreten. Es bestehen aber saisonale Schwankungen: Im Frühling besteht ein Schwerpunkt auf den landwirtschaftlichen Anwendungen, die zum Start der Feldarbeits-Saison beim Kunden einsatzbereit sein müssen.
Für welche Zwecke werden heute professionelle Drohnensysteme vor allem eingesetzt?
Es gibt eine Vielzahl von Einsatzzwecken und wöchentlich kommen neue hinzu. Die etablierten Möglichkeiten der Luftfoto- und -videografie sind für uns weniger spannend, da sich diese Anwendungen bei privaten und gewerblichen Nutzern bereits gut etabliert haben. Arbeitsbereiche, für die wir uns nationale und teils internationale Bekanntheit erarbeitet haben, sind aber Pflanzenschutz-Sprühdrohnen, drohnenbasierte Laservermessungen (Lidar), thermografische Vermessungen aus der Luft sowie bei der Integration von kundenspezifischen Spezialsensoren an Drohnen.
Drohnen sprühen auch?
Unter anderem! Ein Beispiel: Durch das Aufbringen einer Kalklösung kann das Klima grosser Treibhausanlagen reguliert werden. Das Aufbringen mit einer Sprühdrohne ist wesentlich effizienter als manuell, die Arbeitssicherheit höher und das Resultat präziser sowie homogener. Oder: Schwere Unfälle werden durch die Polizei mit Drohnen dreidimensional abgebildet. Dieser digitale Zwilling der Unfall-Situation kann nachträglich dargestellt und ausgewertet, die Unfallstrasse schnellstmöglich wieder freigegeben werden. Und schliesslich kann durch regelmässige Laser-Vermessungen von Gletschern der Rückgang der Eismasse dokumentiert und ein Vorschaumodell erstellt werden.
Dann sind heute schon fast alle Bereiche abgedeckt, in denen Drohen eingesetzt werden können?
Ja, aber die Benutzerfreundlichkeit der Hightech-Werkzeuge wird immer besser. Fortgeschrittene Software erlaubt es den Bedienern, auch äusserst komplexe Arbeitsvorgänge mit wenigen Knopfdrücken abzuwickeln. High-end-Drohnen überwachen dabei sich und die Umwelt selbstständig, um gefährliche Zustände schon vor dem Eintreffen zu erkennen.
Hat die Künstliche Intelligenz auch bei Drohnen schon Einzug gehalten?
Einzelne Vorgänge wie etwa das Objekt-Tracking mit einer Kamera werden mit KI-Ansätzen gelöst. Für viele professionelle Anwendungen wiegt aber das Thema Datenschutz so schwer, dass die Anbindung von Cloud-Services nicht gewünscht ist, wodurch die meisten KI-Systeme ausgeschlossen sind.
Für den Hobbygebrauch finden sich Drohnen zwischen 200 und 2'000 Franken. Wo bewegen sich professionelle Systeme – und was unterscheidet sie von den Freizeitmodellen?
Wir unterscheiden nicht zwischen Hobby- und Profidrohnen, sondern zwischen Hobby- und Profi-Anwendungen. So kann beispielsweise eine 500-Franken-Kleinstdrohne auch in professionellen Projekten eingesetzt werden – beispielsweise für die behördliche Indoor-Erkundung. Andererseits gibt es Hobby-User, die für ihre Anliegen nur das Beste wünschen und auch mal 20 000 Franken ausgeben … Die Preisrange ist nach oben offen – unser teuerstes High-end-Modell hat einen Listenpreis von etwa 70 000 Franken, wobei drei Viertel der Kosten das hochauflösende Präzisionskamerasystem verursacht.
Sie bilden auch Drohnentechniker am ZbW aus. Was umfasst der Lehrgang?
Der Lehrgang umfasst alle Grundlagen, die ein Techniker in einem Betrieb für den professionellen Umgang mit Drohnen mitbringen sollte. Die reine Drohnen-Bedienung ist dabei nur ein kleiner Teil. Wesentlich intensiver geschult werden die juristischen Bedingungen und Möglichkeiten, Wartungs- und Reparatureingriffe, Betriebsprozesse und die Bedienung von Software für Flugplanung und Datenauswertung.
Und an wen richtet er sich?
Ich empfehle die Ausbildung technisch interessierten jungen Menschen, die eine Berufslehre abgeschlossen haben und sich in diesem jungen Arbeitsgebiet positionieren möchten. Derzeit suchen wir vor allem weitere Betriebe, die anhand des bestehenden Konzeptes ebenfalls Drohnentechniker ausbilden. Wir möchten das Netzwerk der Ausbildungsbetriebe vergrössern und mit dem Austausch zwischen den Betrieben, dem ZbW und den Lernenden noch mehr Dynamik und Know-how in die Ausbildung bringen.
Wie sind Sie selbst zum Drohnenspezialisten geworden?
Ich habe mich schon als Junge für den Flug-Modellbau interessiert und mich beim Elektroingenieur-Studium intensiv mit Robotik beschäftigt. Die Schnittmenge der beiden Themen ergab das, was man heute als Drohnen bezeichnet.
Auch interessant
Und wie kam der Kontakt mit dem ZbW zustande?
Das ZbW liegt einerseits geografisch sehr nahe, andererseits geniesst sein Ausbildungsangebot einen guten Ruf. Wir waren mit mehreren Stellen und Schulen im Gespräch, das ZbW zeigte aber den unkompliziertesten Weg zum Ziel. Mir erscheinen die ZbW-Angebote sehr praxisbezogen. Der Zugang zu den Angeboten sowie den Personen dahinter ist unkompliziert und direkt. Das gibt ein gutes Gefühl vor und während der Ausbildung.
Seit diesem Jahr gelten in der Schweiz die europäische Drohnenregelung. Was bedeutet das für unsere Drohnenpiloten?
Dass sie sich initial intensiver mit der Situation auseinandersetzen müssen. Nebst der Halter-Registrierung gibt es für die Piloten obligatorische Schulungen und Prüfungen. Bei der Implementation der EU-Drohnenregulierung wurden allerdings einige Risiken und Problemstellungen falsch eingeschätzt. Andere wurden so lange zwischen den Interessengruppen und Ländern diskutiert, dass der entstandene Kompromiss nur schwer verständlich ist. Natürlich gibt es auch Szenarien, die durch das neue Gesetz erst bewilligbar werden. Ich finde es schade, dass die Schweiz ihre Position als führendes Forschungs- und Entwicklungsland in Europa preisgab, indem sie die Gesetzeslage den EU-Vorgaben präzise gleichschaltete.
Auf eine relevante Verbesserung der Sicherheit bei Drohnenflügen können wir also nicht hoffen?
Nein, aber es gab schon mit der alten Gesetzgebung weder Tote noch Schwerverletzte bei Drohnenflügen zu beklagen. Für uns als Drohnen-Schulungs- und -Beratungsbetrieb steigt der Betriebsaufwand massiv – es entstehen aber auch neue Geschäftsfelder.
Text: Stephan Ziegler
Bild: Thomas Hary