St.Gallen

Wanner und Brunner kreuzen die Klingen

Wanner und Brunner kreuzen die Klingen
Toni Brunner und Peter Wanner
Lesezeit: 4 Minuten

Peter Wanner, Präsident des drittgrössten Medienhauses der Schweiz, und Ex-SVP-Präsident Toni Brunner streiten übers Mediengesetz und Subventionen. Während der eine trotz Millionengewinnen für Subventionen plädiert, will der andere den Einfluss des Staates möglichst zurückbinden.

Das Gespräch zwischen CH-Media-Grossverleger Peter Wanner (über 80 Medientitel, u.a. St.Galler Tagblatt, Berner-, Appenzeller-, Thurgauer-, Urner-, Zuger- Luzerner-, Aargauer-, Obwalder-, Nidwalnder-, Zeitung, Tele M1, Tele Züri, Radio24, und viele mehr, 400 Mio. Jahresumsatz, 2000 Mitarbeiter) fand in Toni Brunners Gastwirtschaft Haus zur Freiheit im Toggenburg statt.

Die Gesprächsleitung lag bei Andreas Valda von der «Handelszeitung». Die folgende Niederschrift ist gekürzt. In ganzer Länge kann es unter dem Link am Ende dieses Berichts nachgelesen werden.

Valda: Herr Brunner, welche Zeitung lesen Sie?
Toni Brunner: Die Toggenburger Zeitungen gibt es bis auf eine Ausnahme alle nicht mehr. Sie gehören heute zu einem grossen Medienkonzern im Aargau (lacht, Peter Wanner, Präsident des angesprochenen Verlagshauses lacht ebenfalls)

Herr Wanner, haben Sie die Presse im Toggenburg geschluckt?
Wanner: Das war vor meiner Zeit, als das «St. Galler Tagblatt» das «Toggenburger Tagblatt» übernahm. Vor drei Jahren kam es zur Fusion der NZZ-Regionalzeitungen mit den AZ Medien. Daraus entstand das Unternehmen CH Media, wo ich Präsident bin.

Herr Brunner, erhalten Sie als Landwirt auch Subventionen?
Brunner: Ja, aber genau deshalb bin ich gegen das neue Mediengesetz – weil ich Bauer bin. Denn mit Subventionen ist man dem staatlichen Regulierungswahn ausgeliefert.

Wanner: Der Staat kontrolliert, was du machst. Aber er kontrolliert nicht Deine Meinung.

«Sobald man eine Branche ans Sautrögli des Staates nimmt, kommt sie nicht mehr weg davon»

Toni Brunner

Brunner: Daran zweifle ich. Heute lernen angehende Landwirte zuerst die Direktionszahlungsformulare auszufüllen. Was das Schlimmste an diesen Medienpaket ist: Sobald man eine Branche ans Sautrögli des Staates nimmt, kommt sie nicht mehr weg davon.

Herr Wanner, werden Sie ans Sautrögli des Staates geführt?
Wanner: Die Medien werden nicht ans Sautrögli geführt. Wir reden von einem Medienpaket von 150 Millionen Franken – ein Klaks im Vergleich zur Landwirtschaft.

Sie wollen mehr Geld als früher.
Wanner: Dass wir höhere Subventionen verlangen, hat ähnliche Gründe wie in der Agrarwirtschaft: Die ausländische Konkurrenz ruiniert die inländischen Preise. Das konkurrenzlos günstige Werbeangebot von Facebook und Google im Internet führt dazu, dass sie den Grossteil des Werbemarktes absaugen.

Brunner: Offenbar hat der Bund seine Hausaufgaben nicht gemacht: nämlich Google und Facebook in die Pflicht zu nehmen.

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«Ich teile im Grundsatz die Kritik Brunners, dass Subventionen problematisch sind»

Peter Wanner

Wanner: Ich teile im Grundsatz die Kritik Brunners, dass Subventionen problematisch sind. Aber 80 bis 90 Prozent wollen die Zeitung zum Frühstück. So finde ich es fair, dass die Frühzustellung neu mit 40 Millionen Franken unterstützt wird.

Brunner: Mir gefällt nicht, dass jetzt auch die grossen Verlage mehr Geld erhalten. Bisher kamen nur die Kleinen in den Genuss von Vergünstigungen bis zu maximal 40'000 Exemplaren. Neu sollen auch Tamedia, Ringier und Wanners CH-Media Förderung erhalten – obwohl sie jährlich satte Gewinne erzielen. Bei einem Nein zum Gesetz behalten wir das bewährte System für die Kleinen bei.

Wanner: Toni Brunner, wollen Sie, dass die Zeitungen erst am Mittag ankommen?

«Das neue Medienpaket kommt vor allem den Medienmillionären zugute»

Toni Brunner

Brunner: Das ist bei mir jeden Tag so! Aber die grossen Verlage erreichten, dass neu auch die Früh- und die Sonntagszustellung mit 40 Millionen subventioniert werden. Das neue Medienpaket kommt den Medienmillionären zugute.

Wanner: Bisher erhielt CH Media ungefähr 1.5 Millionen Franken für die Postzustellung. Jetzt werden wir für die Frühzustellung ungefähr 10 Millionen Franken erhalten.

Brunner: Das neue Gesetz würde die heutigen Marktverhältnisse zementieren – und nicht die Vielfalt fördern. Gewisse Blätter bekommen ja gar nichts, etwa Gratiszeitungen und Gratis-Onlinedienste.

In der «NZZ» sagten Sie Herr Wanner, Sie seien kein grosser Fan des Mediengesetzes.
Wanner: Ich hätte einiges anders gemacht. Aber es ist viel besser als nichts.

Brunner: Die Verlage sind an der heutigen Situation selbst schuld. Sie haben die Auto- und Immobilien-Inserate sowie die Stellenanzeiger in Plattformen gesteckt haben. Dort verdienen sie viel Geld, wollen damit aber die Redaktionen nicht finanzieren. Stattdessen fliesen die Gewinne an die Aktionäre. Zudem weiss heute keiner, wen Medienministerin Sommaruga Morgen fördern will.

Toni Brunner, woher holen sich die Leute ihre Information?
Brunner: Wer noch nicht medienverdrossen ist wegen dem Einheitsbrei, der einem heute durch etablierte Medien serviert wird, hat ein Abo. Doch nur 17 Prozent der Konsumenten sind bereit, für ein Abo zu bezahlen.

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«Mit dem Ja zum Mediengesetz bekommen wir 28 Millionen, das sind 7 Prozent unseres Umsatzes»

Peter Wanner

Wanner: Ja, aber die lesen auch «20 Minuten» oder «Watson». Wenn das Mediengesetz angenommen wird, bekommen wir als CH-Media nebst den 14 Millionen für die vier Lokalfernsehsender schätzungsweise weitere 14 Millionen Franken. Bei einem Umsatz von 400 Millionen sind das 7 Prozent. Wenn wir das Geld nicht bekommen, wird uns das nicht umhauen, aber die Redaktionen werden es zu spüren bekommen.

Brunner: Das liebe Gift des Sozialismus.

Wanner: Herr Brunner, Sie sind gegen das Gesetz, weil Sie den in Ihren Augen linken Journalismus der Medienhäuser nicht unterstützen wollen.

«Das Gesetz ist eine Missgeburt»

Toni Brunner

Brunner: Nein. Das Gesetz ist eine Missgeburt. Mit dem Medienpaket werden die erste und zweite Gewalt entscheiden, wer Subventionen bekommt.

Wanner: Deshalb sind mir die indirekten Subventionen für die Zeitungszustellung wichtig. Hier fliessen zusätzliche 60 Millionen an die Verlage. Und hier kann der Staat nicht mitreden.

Brunner: Ob das bei Ringier stimmt, weiss man nicht. Als Gesundheitsminister Berset privat Probleme hatte, schützte ihn der «Blick». Die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Bern und den Medien wird nur noch schlimmer. Das geht für mich gar nicht.

Wanner: Die Nähe von Ringier-Chef Marc Walder und Alain Berset gefällt mir auch nicht. Die Walder-Policy hat aber nichts mit der Abstimmung zu tun.

Brunner: Doch! Es geht um die Nähe von Exekutive und vierte Gewalt, die sich noch verschärfen wird.

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