Vieles wird neu am Theater St.Gallen
Text: pd
Erstmals finden die St.Galler Festspiele 2024 auch auf dem Flumserberg statt, neu ist zudem die Sparte Schauspiel Teil des Festspiel-Programms. Mit zahlreichen Neuerungen wartet das Abo- und Ticket-Angebot auf – unter anderem gibt es neu ein Halbtax für Theater- und Konzertbesuche sowie einen U30-Club, dessen Mitglieder für ihr Ticket nur 15 Franken bezahlen.
Rückkehr in das sanierte und erweiterte Theater
Nach einer Bauzeit von drei Jahren kann das Theater im Oktober 2023 wieder seiner Bestimmung übergeben werden. Die Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten zielten zu wesentlichen Teilen auf die Modernisierung der technischen Infrastruktur und die Schaffung von zeitgemässen Arbeitsbedingungen für die Angestellten sowohl in den Bereichen Kunst wie Technik.
Das Publikum erwarten im neu erstrahlenden Gebäude insbesondere ein grosszügiger gestalteter Eingangs- und Kassenbereich und noch stimmigere Theatererlebnisse dank einer verbesserten Raumakustik und erneuerter Bühnentechnik. Das sanierte und erweiterte Paillard-Gebäude wird am 22. Oktober 2023 mit einem Tag der offenen Türe der Bevölkerung zurückgegeben. Am Abend des gleichen Tages findet die Uraufführung der Oper Lili Elbe statt.
Neues Leitungsteam
Mit dem Beginn der neuen Spielzeit übernimmt ein neues Leitungsteam die Führung der grössten Kulturinstitution in der Ostschweiz. Dem Gremium mit Jan Henric Bogen als Direktor und Künstlerischem Leiter Musiktheater gehören an: Barbara-David Brüesch (Künstlerische Leitung Schauspiel), Frank Fannar Pedersen (Künstlerische Leitung Tanz), Modestas Pitrenas (Chefdirigent und Künstlerische Leitung Konzert), Lukas Bieri (Verwaltungsleitung), Georges Hanimann (Technische Leitung), Anja Horst (Leitung Jung und Mit), Guta Rau (Leitung Künstlerischer Betrieb und Referentin Musiktheater) sowie Susi Reinhardt (Marketing und Kommunikation).
Das Theater und das Sinfonieorchester St.Gallen treten ab der neuen Saison konsequent unter der gestärkten gemeinsamen Marke Konzert und Theater St.Gallen mit den vier Sparten Schauspiel, Musiktheater, Tanz und Konzert auf. Damit geht auch ein neuer optischer Auftritt einher, der vom Büro Sequenz, St.Gallen, entworfen wurde. Die Grafik des neuen Erscheinungsbildes nimmt die 60-120-Grad-Thematik auf, welche die Architektur des Paillard-Baus prägt.
Die neue Webseite konzertundtheater.ch orientiert ab 2. Juni 2023 über den neuen Spielplan; mit ihren kompletten Funktionen steht sie ab September 2023 zur Verfügung.
Der Spielplan 2023/2024
Das Motto der Spielzeit 2023/2024 lautet «Identitäten». Alle Menschen haben eine, mehrere, wechselnde Identitäten: Als Mitglieder von Familien, Staatsangehörige, Ausübende (oder Nichtausübende) einer Religion und von Berufen, als Teil von Nachbarschaften, Communities, politischen Bewegungen, mit ethnischen Hintergründen, sexuellen und geschlechtlichen Identitäten. Und alle diese Identitäten – oder Facetten davon – können sich im Lauf eines Lebens ein oder mehrmals ändern. Fragen nach diesen unterschiedlichsten Identitäten und der Suche danach ziehen sich als roter Faden durch den Spielplan 2023/2024. Im Theater und in der Lokremise stehen insgesamt 23 neue Produktionen auf dem Programm, davon sechs Uraufführungen.
Die Sparte Schauspiel setzt auf Nachhaltigkeit und drängende Themen der Gegenwart. In den drei Lok-Produktionen Das Fest, Sturm und Supergute Tage kommt ein modulares Bühnenbild zum Einsatz. Im Grossen Haus stehen Die Ärztin von Robert Icke, Gott von Ferdinand von Schirach und Henrik Ibsens Hedda Gabler auf dem Programm, dazu kommt die musikalische Fabel The Black Rider zurück auf die Bühne, die 2020 coronabedingt nur vor kleinem Publikum gespielt werden konnte.
Das Musiktheater eröffnet mit der Uraufführung der Oper Lili Elbe von Tobias Picker als hybrider Produktion das sanierte Theater. Eine besondere Rolle spielt dabei die Sparte Tanz, die zum gleichberechtigten theatralen Medium wird. Erstmals steht in einer Oper eine trans Frau im Mittelpunkt; am Beispiel einer historischen Figur wird das Thema Identität im Rahmen von Genderidentität als zeitloser Konflikt mit sich selbst und der Gesellschaft auf der Bühne diskutiert. Mit Verdis Ernani und Rossinis Wilhelm Tell kommen zwei Meisterwerke grosser italienischer Komponisten zu Ehren, im Musical-Genre stehen Les Misérables und Rent auf dem Programm. Als Familienstück im Grossen Haus präsentiert die Sparte Musiktheater gemeinsam mit dem Schauspiel die Kinderoper Die feuerrote Friederike. Die spartenübergreifende Produktion Messa da Requiem von 2022/2023 wird als Gastspiel am Theater Winterthur gezeigt.
Die Sparte Tanz bringt internationale Gäste mit unterschiedlichen künstlerischen Handschriften in die Ostschweiz. Auf dem Programm stehen ein Doppelabend der beiden Starchoreografen Johan Inger und Hofesh Shechter mit dem Titel Inger/Shechter, Matthäus 22:37-39 des Norwegers Jo Strømgren und Times Two von Emilie Leriche und Tom Weinberger. Daneben stellt sich Frank Fannar Pedersen, der neue Leiter der Tanzkompanie Theater St.Gallen, mit eigenen Arbeiten vor: Er verantwortet die Choreografie in der Oper Lili Elbe und präsentiert mit Fordlandia auf der grossen Bühne einen Tanzabend über die Faszination der Utopie; mit weiteren Choreografen zeichnet er zudem verantwortlich für die Tanzproduktion an den 19. St.Galler Festspielen.
Als musikalischer Start in die Saison steht in der Tonhalle Carl Orffs monumentales Chorwerk Carmina Burana auf dem Programm, als spartenübergreifende Produktion mit dem Sinfonieorchester, Mitgliedern des Musiktheaterensembles und dem Theaterchor. Auf dem Programm der Sparte Konzert steht ein reichhaltiges Angebot mit zwölf Orchesterkonzerten und Werken aus dem breiten sinfonischen Repertoire von Arcangelo Corelli bis zur zeitgenössischen isländischen Komponistin Anna Thorvaldsdottir. Im Meisterzyklus sind hochkarätige Solisten und Formationen wie Rolando Villazón, das Jerusalem Quartet oder Lise de la Salle zu Gast in der Tonhalle. Dazu kommen weitere Formate wie Sonntags um 5, die Reihe mit Lunch-Konzerten in der Tonhalle sowie After-Work-Konzerte an wechselnden St.Galler Schauplätzen.
Ein ausgebautes Vermittlungsangebot lädt grosse wie kleine Theater- und Musikfans ein, sich nicht nur aufs Zuschauen und Zuhören zu beschränken. Verschiedenste Formate geben Möglichkeiten, sich umfassend zu informieren, hinter die Kulissen zu schauen oder selbst aktiv zu werden. In der neuen Reihe Talk im Studio kommen Experten zu den Themenschwerpunkten des Spielplans mit dem Publikum ins Gespräch.
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19. St.Galler Festspiele
Die St.Galler Festspiele entwickeln sich 2024 weiter. Erstmals wird die Festspieloper auf dem Flumserberg in einer Höhe von 1400 Metern über Meer aufgeführt, womit sie der Bezeichnung «Hochkultur» auch topografisch alle Ehre macht. In der Naturarena Tannenboden wird Henry Purcells The Fairy Queen in einer Inszenierung von Anna Bernreitner gezeigt. Erstmals ist auch das Schauspiel Teil des Programms. Ebenfalls unter freiem Himmel auf dem Theatervorplatz wird die Komödie Extrawurst von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakobs gespielt.
Den Innen- und Aussenbereich des rundum erneuerten Theatergebäudes bespielen auch die Sparten Tanz und Konzert. Die Sparte Tanz zeigt den Doppelabend Skywards von Rebekka Gather/Frank Fannar Pedersen und Paul Blackman/Christine Gouzelis, an dem auch die Theaterfassade bespielt wird. Das Festkonzert mit Werken von Richard Strauss und Gustav Mahler steht unter dem Motto Vier letzte Lieder. Die Festspiele bilden wie bisher den Abschluss der Saison und finden Ende Juni/Anfang Juli 2024 statt.
Neue Abo- und Ticketangebote
Die Rückkehr in das sanierte und erweiterte Theatergebäude erlaubt einen Ausbau des Abo-Angebots. Zur Auswahl stehen nahezu 30 Abos mit Rabatten von bis zu 35 Prozent im Vergleich zu Einzeltickets an der Abendkasse. Neben Premieren-, Wochentags- und Konzert-Abos gibt es neu Abos für alle Sparten des Theaters. Neu sind auch das spartenübergreifende Familien-Abo und das Halbtax-Abo für 185 Franken.
Ausserdem erhalten Inhaber eines Abos 20 Prozent Rabatt auf alle weiteren Vorstellungen und Konzerte, dazu werden sie regelmässig zu exklusiven Events wie Führungen und Talks eingeladen. Und unter dem Stichwort «Bring a friend» können sie einmal pro Spielzeit ein Ticket zum halben Preis dazubuchen.
Als Ausweitung der beliebten U30-Specials gibt es neu den U30-Club. Menschen unter 30 Jahren können sich kostenlos registrieren lassen und zahlen für ihr Theater- oder Konzertticket nur 15 Franken, sogar im Vorverkauf; ausgenommen davon sind Premieren und Musicalvorstellungen. Auch für U30-Club-Mitglieder gibt es regelmässig Zusatzangebote. Mit der neuen Lok-Card für 120 Franken ist jede fünfte Vorstellung in der Lokremise gratis.
Kulturticket als ÖV-Ticket
Theater- und Konzerttickets gelten ab September 2023 im gesamten Gebiet des Tarifverbunds Ostwind sowie in Vorarlberg und dem Fürstentum Liechtenstein auch als Bahn- oder Busbillett.