Wie man junge Leader rekrutiert
Text: Fabian Alexander Meyer
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Die Oberstufenschulen des ganzen Kanton St.Gallen richten ihren jetzigen Berufskundeunterricht am «Rahmenkonzept berufliche Orientierung» des Kantons aus. Der Verein «SchuWi Rheintal» erhielt jetzt den Auftrag, dieses Konzept neu auszurollen und für die jetzigen und zukünftigen Generationen interessant zu machen.
Unter anderem beteiligt an dieser Taskforce ist die Stiftung «Smartfeld», die sich nicht umsonst auf «Startfeld» reimt. Die beiden Stiftungen gehören eng zusammen. Während sich Startfeld auf das Hochziehen von Start-ups konzentriert, kümmert man sich bei «Smartfeld» um die nächste Generation an (zukünftigen?) Unternehmern. Und die Geschäftsführerin Cornelia Gut macht auch direkt den Anfang des Abends.
«Gemeinsam Fachdidaktik entwickeln»
«Ich bin Gründungsmitglied der Stiftung Startfeld», eröffnet sie das Gespräch. «Das war 2011. Also schon über ein Jahrzehnt her!» Mit der Zeit sei sie immer mehr in die Start-up-Szene hineingerutscht und konnte sich der Faszination nur schwer entziehen. Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis denn auch die Gründung von Smartfeld auf der Traktandenliste stand.
«Das war im Jahre 2018. Unser Schulsystem ist klasse, keine Frage. Aber man dürfte den Fokus in den Fächern vermehrt auf die Themen Wirtschaft und auch Technologie legen.» Diese Bereiche fänden denn laut Gut noch zu wenig Beachtung. «Mit Smartfeld wollen wir das ändern.»
Was heisst das aber konkret? «Bei uns sind Menschen aus allen möglichen Berufen angestellt. Gemeinsam erarbeiten wir Kurse, in denen wir den Kindern und Jugendlichen die Themen rund um Digitalisierung und Wirtschaft vermitteln.» An dieser Stelle seien die verschiedenen Partner der Stiftung erwähnt. Diese können sich sehen lassen. Empa, BZBS, PHSG, HSG, OST und der Switzerland Innovation Park Ost. «Gemeinsam wollen wir die nötige Fachdidaktik vermitteln, um die Jungen zu begeistern.»
Talentscouts auf der Suche
Doch wie sind diese Kurse aufgebaut? «Das Spektrum reicht von logischem Denken bis hin zu Robotern. Beispielsweise smarte Textilien, aber auch die Grundlagen zum Unternehmertum und entsprechendes Denken und Handeln.» Es sollen neue Methoden zum Wissentransfer entwickelt werden. Gerade auch was die Berufswahlvorbereitung angeht. Man will die Kids gewissermassen in die richtige Richtung schubsen, wenn ein entsprechendes Talent oder eine Begabung spürbar ist.
Dieses Talent zu ermitteln kann für Lehrer eine erhebliche Belastung bedeuten, «insbesondere wenn sie selber nicht so gut bewandert sind. Aber für diesen Fall haben wir sogenannte Talent-Scouts, die die Schule besuchen und dort die möglichen Talente ausmachen. Die entsprechenden Schüler werden dann eingeladen, an einem Samstagnachmittag den Smartfeld-Campus in St.Gallen oder Buchs zu besuchen, wo noch stärker auf ihr Talent eingegangen wird.»
Und das Beste: «Da wir mit vielen verschiedenen Unternehmen zusammenarbeiten, bekommen diese auch Einblick in die Talente der Jungen und entdecken vielleicht den einen oder anderen zukünftigen Lehrling.»
Eine grosse Allianz
Ivo Riedi, Leiter Berufsbildung bei der SFS, kann genau aus dieser Sicht berichten: derjenigen des Arbeitgebers auf der Suche nach sogenannten «Young Talents» und der «NextGen». Und er findet klare Worte. «Die Rekrutierung bei uns ist nicht einfach. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Schüler oft noch viel zu jung sind.»
Konkret: Bereits in der ersten Oberstufe werden mittlerweile sogenannte Tages-Praktika verlangt. Umgangssprachlich «schnuppärä» genannt. «Das ist viel zu früh.» Doch nicht immer sind die übereifrigen Schüler das Problem, «sondern die Eltern, die ihre Kinder dazu drängen». Man könnte meinen: «Unter Druck entstehen Diamanten.» Doch das sei nicht so, sagt Riedi. «Stattdessen müssen wir das System anpassen.»
Und genau hierauf spielt der Sinn des ganzen Abends an: Die Entwicklung einer neuen Strategie, wie man die jungen Rheintaler optimal abholen und sie zu guten Fachkräften und Unternehmern ausbilden kann.
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Eigene Events und Website
Eines der Kinder dieser neuen Vereinigung wird eine neue Website sein, auf der sich die Jugendlichen über die regionalen Lehrstellen und insbesondere über die Lehrberufe schlaumachen können. Hier soll alles an einem Ort sein, damit sich die Jugendlichen nicht verirren und alles schnell und einfach erledigen können. Die Website ist entsprechend in Arbeit und geniesst auch die Unterstützung vom Kanton.
Doch nicht nur das: Herzstück und gewissermassen auch «Baby» des Verein «SchuWi Rheintal» wird eine Berufsmesse im November in Altstätten sein. Hierbei werden die teilnehmenden Firmen darum gebeten, den Stand interaktiv zu gestalten. Sie alle müssen beispielsweise einen Arbeitsablauf vormachen, damit die Jugendlichen anschliessend selbst auch ausprobieren können und damit hoffentlich die Leidenschaft zum Beruf entdecken.
Das Geld ist hierbei nicht so wichtig. Auch kleinere Unternehmen können mit einem entsprechend kleineren Betrag einsteigen und versuchen, die Rheintaler von sich zu überzeugen. Die entsprechende Messe findet am 21. und 22. November dieses Jahres in Altstätten statt. Weitere Details sind derzeit noch nicht bekannt.
Hive-Mind-Resultate
Im letzten Teil des Abends, bevor sich alle auf den einmal mehr vorzüglichen Apéro stürzten, stellten sogenannte Breakout-Sessions dar. Das heisst, dass mehrere kleine Gruppen gemeinsam ein Thema erarbeiten oder ausdiskutieren. In diesem spezifischen Fall drehte sich natürlich alles um das Thema des Abends.
Aufgrund der Menge an Aussagen,werden hier nur die wichtigsten Erkenntnisse aufgeführt:
«Die Messe muss nützlich sein und die Kinder müssen ein breites Portfolio an Berufen kennenlernen können.»
«Man könnte einer ganzen Schulklasse eine ganz bestimmte Aufgabe oder eine ganz bestimmte Problemstellung geben, die anschliessend im Team gelöst werden muss. Daraus kristallisieren sich dann automatisch Führungsrollen, Organisatoren, Administratoren, etc.»
«Es liegt an uns, in den Jugendlichen eine Leidenschaft beispielsweise für ein Handwerk zu erschaffen. Insbesondere künstliche Intelligenz und neue Technologien und der entsprechende Umgang damit.»
Mit dieser Fragerunde endete ein sehr aufschlussreicher Abend. Die Teilnehmer entwickelten ein Gespür dafür, was bei der Rekrutierung junger Fachkräfte wichtig ist und wie man sie am besten anspricht. Und wer weiss: Vielleicht lernt auch der eine oder andere alteingesessene Wirtschaftsmensch noch etwas dazu.