«RhintlWind»: SFS will mit dem Rheintal hoch hinaus
Text: Fabian Alexander Meyer
Rund 300 Personen fanden sich am 13. März abends in der Aula der Kantonsschule Heerbrugg ein. Das Interesse war also gross, um nicht zu sagen riesig. Schlussendlich mussten die Nachzügler sogar ohne Sitzplatz auskommen. Sie alle wollten wissen, warum die SFS auf ihrem Areal ein Windkraftwerk bauen will.
CEO Jens Breu: «Der Sorgfaltspflicht nachkommen»
Den Anfang macht Jens Breu, CEO der SFS. Er erklärt den Anwesenden die Mission, die die SFS seit ihrer Gründung verfolgt: «Wir setzen uns für Nachhaltigkeit ein. Das schon seit 1988, als wir die erste PV-Anlage installiert haben.» Das habe sich bis heute nicht verändert. Für den Geschäftsbericht 2023 wurde dem Thema Nachhaltigkeit gar ein eigenes Kapitel gewidmet. «Unser Anspruch: Wir wollen Sie transparent, sachlich und objektiv informieren und damit unserer Sorgfaltspflicht nachkommen.»
Daher ist SFS die Nachhaltigkeit ein grosses Anliegen. «Wir möchten den ökologischen Fussabdruck pro eine Million Franken Umsatz um rund 90 Prozent reduzieren. Bereits jetzt haben wir am Standort Heerbrugg die grösste PV-Anlage im Kanton.» Man wolle liefern statt lafern. Daher das neue Windkraftwerk.
«Damit können wir rund fünf Gigawattstunden an Energie erzeugen, ohne das öffentliche Netzwerk zu belasten. Denn wir speisen es direkt in unser eigenes Netzwerk ein.» Die Standortgemeinde Au, die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz und der Verein St.Galler Rheintal unterstützen das Projekt. «Unsere Arbeitsplätze sollen weiterentwickelt und der Standort gefördert werden.»
Projektleiter Claudio Winter: «Selbst eine Unterhaltung ist lauter»
Projektleiter Claudio Winter, ebenfalls von der SFS, bläst ins gleiche Horn. «Bevor wir das Kraftwerk überhaupt erdacht haben, führten wir eine Machbarkeitsstudie durch. Das heisst, dass wir anhand einer Referenzanlage die Machbarkeit unserer eigenen Anlage eruiert haben.» Ist der Standort geeignet, macht die Umwelt mit, wie ist das Verhältnis zwischen Schutz und Nutzen?
Das Gutachten hierbei kommt nicht von der SFS, sondern von externen Anbietern solcher Dienstleistungen. «Sobald alles unter Dach und Fach ist, legen wir die Gutachten dem entsprechenden Amt vor.» Breu erwähnte zuvor einen Ertrag von rund fünf Gigawattstunden. «Dieser ist realistisch.» Und ganz wichtig: «Eine Abschaltung aufgrund zu starken Windes war nie ein Thema.»
Ein Thema dürfte hingegen der verursachte Lärm sein. Doch auch hierzu weiss Winter eine Antwort. «Eine ruhige Unterhaltung zwischen zwei Personen ist lauter als ein Windkraftwerk.» Konkret: Ein Windkraftwerk verursache 40 bis 50 Dezibel. Eine Unterhaltung sei bereits bei 55 Dezibel.
Ein weiteres Streitthema ist der unweigerliche Schattenwurf und herunterfallendes Eis. «Bezüglich des Schattenwurfs richten wir uns an die strengen Richtlinien von Deutschland. Diese geben vor, wie lange ein Schattenwurf pro Jahr dauern darf, resp. ab wann es nicht mehr tragbar ist.» Das Thema Eis ist hierbei gleich wesentlich klarer: «Schliesslich ist es im Sinne der Effizienz, dass ein Kraftwerk nicht vereist.»
Vogelschutz und der Schutz der Ortsbilder letztlich fanden ebenfalls Eingang in die Analyse. «Wir haben gemeinsam mit der Vogelwarte Sempach und Ornithologen eruiert, wie gross das Konfliktpotenzial zwischen dem Kraftwerk und Zugvögeln ist.» Ergebnis: Es ist sehr gering. Einen wesentlich grösseren Einfluss hat das Kraftwerk da schon auf die Landschaft. Hierbei muss man aber sagen, dass das im jeweiligen Auge des Betrachters liegt und nicht pauschal gesagt werden kann.
Amtsarzt Bernhard Welti: «Schallfrequenz unter hörbarem Bereich»
Die Gegner argumentieren gerne damit, dass das Kraftwerk und insbesondere der Infraschall negative Auswirkungen auf körperliche und geistige Gesundheit habe. Deswegen trat Dr. Bernhard Welti auf. Dieser ist Thurgauer Haus- und Amtsarzt sowie selbst Besitzer mehrerer Windkraftwerke. «Was ist Infraschall überhaupt? Das ist eine Schallfrequenz, die deutlich unter dem von Menschen hörbaren Bereich liegt.» Gewisse Tiere wie Elefanten können diesen hören.
«Tatsächlich kommt Infraschall überall in der Natur vor. Beispielsweise bei Meeresbrandungen, Wind, Gewittern und Erdbeben. Und dennoch macht es uns Menschen nichts aus», wenn man denn die anderen Auswirkungen ausser Acht lasse.
Doch wie kommt man überhaupt zum Schluss, dass Infraschall für den Menschen schädlich ist? «Das liegt an einer verhängnisvollen Studie aus Deutschland, die viele negative Auswirkungen aufgezeigt hat. Die Studie stellte sich jedoch als falsch heraus und führte schliesslich dazu, dass sich Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel am Schluss gar dafür entschuldigen musste.» Auch wenn mittlerweile das Gegenteil bewiesen ist, hat sich dieser Mythos hartnäckig gehalten.
Welti bringt es auf den Punkt: «Alle wollen guten Internetempfang, aber keiner will einen Funkmast.»
Fragerunde: «Man kann auch an zu viel Angst sterben»
Die Fragerunde am Schluss ermöglichte den Zuhörern, sich zu äussern. Aufgrund der Menge an Fragen sind hier die wichtigsten Antworten zusammengestellt.
Claudio Winter: «Wir haben auch andere Baustandorte in Betracht gezogen, aber der Bau direkt vor der Haustüre macht am meisten Sinn. Denn wir beziehen die Energie ja direkt.»
Jens Breu: «Dekarbonisierung ist uns ein wichtiges Anliegen. Denn die Nachhaltigkeit steht im Vordergrund. Und natürlich ziehen wir auch einen wirtschaftlichen Nutzen daraus.»
Claudio Winter: «Das Kraftwerk kostet zwischen sechs bis acht Millionen Franken, wird aber anschliessend selbsttragend sein, da es eigenen Strom erzeugt.»
Claudio Winter: «Man kann nicht sagen, ob der Wert einer Immobilie sinkt, nur weil man auf ein Windkraftwerk schaut. Aber der Wert der Immobilie sinkt sicher, wenn die Arbeitsplätze in der Region nicht mehr attraktiv sind.»
Und zu guter Letzt noch die Aussage einer Dame aus dem Publikum: «Man kann auch an zu viel Angst sterben.»