Bauen mit Weitblick
Michael Scheiwiller, die Methabau entwickelt einerseits Wohnbauprojekte, andererseits Gewerbe- und Industrieprojekte. Wo liegen die wesentlichen Unterschiede?
Das stimmt, einerseits entwickeln wir Wohnbauprojekte mit Mehrfamilienhäusern, die sowohl Miet- als auch Eigentumswohnungen umfassen und teilweise einen untergeordneten Gewerbeanteil haben. Hier ist der Investor unser Kunde. Andererseits entwickeln wir teilweise hochkomplexe Gewerbe- und Industrieprojekte, bei denen die Vorgaben meistens vom Nutzer, sei es ein gewerbetreibender Eigentümer oder Mieter mit einem Investor, vorliegen. Bei solchen Projekten geht es darum, Anforderungen wie Kundenströme, Produktionsabläufe, Logistik innerhalb und ausserhalb des Gebäudes sowie Mitarbeitervorgaben zu berücksichtigen. Dabei steht der Kunde und dessen Prozesse und Vorgaben absolut im Zentrum. Kurz gesagt: Projektentwicklung im Wohnbau ist etwas ganz anderes als im Gewerbebereich. Wohnbau können viele, Gewerbebau nur wenige.
Mit welchen aktuellen Herausforderungen müssen Sie sich in der Projektentwicklung vornehmlich befassen?
Die Komplexität der Baugesuchs- und Bewilligungsverfahren hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Jedes Baugesuch erfordert heute deutlich mehr präzise, von Fachplanern erarbeitete Sonderbeilagen und Berechnungen, was die Verfahrenszeiten massiv verlängert hat. Ein normales Baugesuch nach Regelbaugesetz für Gewerbe benötigt heute etwa acht- bis zehnmal so viel Bearbeitungszeit wie vor 20 Jahren. Ein Sondernutzungsplanverfahren, das vor 20 Jahren ein bis eineinhalb Jahre bis zur Bewilligung in Anspruch nahm, dauert heute vier bis sechs Jahre. Diese Fristen gelten ohne Berücksichtigung allfälliger Einsprachen. Die Geduld, die von Investoren und Nutzern gefordert wird, ist immens und insbesondere bei Gewerbe- und Industriekunden je nach Nutzungsart kaum mehr zumutbar.
Das hört man oft – dass sich die Bauversuchsverfahren enorm verlängert haben. Betrifft das auch Gewerbe- und Industriebauten?
Ja. Gesellschaftlich befinden wir uns in einem Zeitalter, in dem sich kaum noch jemand traut, Entscheidungen zu fällen und zu tragen, ohne alles mit komplexen Berechnungen und Fachplaner-Aussagen abzusichern. Diese «Hosenträger-und-Gurt-Manie» hat ein Mass erreicht, das keinen Pragmatismus mehr zulässt. Die Geduld, die von Bauherren, Investoren und Nutzern gefordert wird, ist enorm; meiner Meinung nach ist dies im Gewerbe- und Industriebereich gar noch stärker ausgeprägt als im Wohnbau, da diese Baugesuche schon immer komplizierter waren. Diese Komplexität hat sich durch die behördlichen Vorgaben zusätzlich gesteigert.
Gibt es einen Trend, was die Bauherrschaft für ihre Bauobjekte möchte?
Die Kostenhöhe heutiger Bauvorhaben, bedingt durch hohe Grundstückspreise, komplexe behördliche Vorgaben und hohe Baukosten, erfordert einen äusserst haushälterischen Umgang mit dem Grundstück – minimale Grundfläche, maximale Effizienz und Verdichtung. Zudem besteht stets ein hoher Anspruch an Energieeffizienz bei maximalem Komfort. Raumkühlungen werden zunehmend zum Standard, und Eigenerzeugung von Energie durch effiziente Wärme- und Kälte-Rückgewinnung sowie Photovoltaikanlagen ist ein Muss. Nachhaltigkeit, Wiederverwendbarkeit und die Integration von Kreislaufwirtschaftsprodukten sind ebenfalls gefordert, meist weniger vom Kunden selbst, sondern häufiger durch vorgeschriebene Energielabels wie SIA2040, SNBS oder Minergie-P.
Bei grossen Unternehmen schaut der Staat auf deren Energiebilanz und CO₂-Emissionen. Wird das auch auf KMU ausgeweitet?
Wenn Sie mich fragen, sollten die Vorgaben zur positiven CO₂-Bilanz nicht nur für Grossindustrie und die öffentliche Hand gelten, sondern für jedermann – egal ob KMU oder Privatpersonen.
Das kann ich nachvollziehen. Welche ökologischen Ansprüche an ein Bauobjekt sind heute denn allgemein ein Muss?
Bereits die Standard-Bauvorschriften verlangen erneuerbare Energieformen und einen Anteil an Eigenerzeugung mittels Photovoltaik, unabhängig von spezifischen Energielabels. Kompromisse sind keine Voraussetzung, wenn man bauen will. Hier sind wir Projektentwickler gefordert, mit dem vorhandenen Budget das Maximum an Vorgaben des Kunden zu erfüllen. Klar ist, dass Bauen Geld kostet, aber durch gezielte Planung und effiziente Gestaltung kann man die Kosten wesentlich steuern.
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Welche Leistungen gehören in die Projektentwicklung? Was darf der Kunde erwarten, wenn er zu Ihnen kommt?
Wir verstehen uns als Dienstleister und bringen unsere Leistung so ein, wie es der Kunde wünscht – von A bis Z. Das reicht von den ersten Analysen über Planer-, Fachplaner- und administrative Leistungen, über die Baugesuche und -bewilligungen bis zu einem umfassend dokumentierten Totalunternehmer-Angebot zu Fixpreisen. Unser Ziel ist es, dass beide Seiten alles über das Projekt wissen und wir nach der Erstellung genau den Betrag abrechnen, der bei der TU-Vertragsunterzeichnung vereinbart wurde. Ehrliche und transparente Unterlagen sind der Grundstein für ein gutes Projekt. Wir streben stets einen zufriedenen, wiederkehrenden Kunden an und vermeiden Nachbesserungen.
Gehen Sie dabei Hand in Hand mit Spezialisten oder erbringt die Methabau diese Leistungen alle aus eigener Hand?
Methabau ist intern sehr breit aufgestellt und deckt die meisten Fachplanerleistungen selbst ab. Für Leistungen, die wir durch externe Partner umsetzen, arbeiten wir seit Jahrzehnten mit denselben langjährigen Partnern zusammen. Dies führt dazu, dass jeder jeden kennt und schätzt – und alle Beteiligten auf Augenhöhe zusammenarbeiten.
Die Methabau arbeitet mit vorfabrizierten Fertigbetonteilen. Ist dies klimaverträglich?
Je nach Gebäude, beispielsweise bei einer Lagerhalle, ergibt es Sinn, wesentliche Bauelemente industriell vorzufertigen. Dies gewährleistet Passgenauigkeit, Kosten- und Terminsicherheit. Die Klimaverträglichkeit eines Bauprojekts hängt vom architektonischen Konzept, der Geometrie und der materialeffizienten Gebäudestruktur sowie den verwendeten Baumaterialien ab. Wir setzen klimaoptimierte Betonarten wie Mehrweg- oder grünen Beton ein und prüfen stets den Ersatz von Beton durch Holzkonstruktionen, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern.
Zum Schluss: Die Stärke der Methabau …
… liegt in unserer Vielseitigkeit und unserer Erfahrung. Da wir mit eigenen Mitarbeitern und langjährigen Partnern über 80 Prozent jedes Bauvorhabens selbst umsetzen und mit unserer After-Sales-Abteilung alle Leistungen warten und unterhalten, wissen wir genau, was Bauen bedeutet. Wir sind selbst Gewerbetreibende mit eigener Produktion und verstehen dadurch die Anforderungen unserer Gewerbekunden. Zudem betreiben wir Logistik, Detailhandel und Immobilienverwaltung, was uns erlaubt, die Anforderungen unserer Kunden optimal zu verstehen.
Text: Stephan Ziegler
Bild: Rebekka Grossglauser