Das detaillierte Arztzeugnis: Praxisfälle
Text: RA Dr. iur. Patrick Stach, M.A. HSG Marko Babic
1. Eine Sekretärin hat sich des Umzugs in eine neue Wohnung den linken Daumen gebrochen, da beim Transport eine Vase herunterfiel. Nun geht sie zum Arzt, welcher ihr eine 100-Prozent-Arbeitsunfähigkeit (AUF) attestiert. Sie bleibt zunächst zu Hause und arbeitet nicht.
Auf Nachfrage beim zuständigen Arzt bekundet dieser, dass er seine Patientin schon über ihre berufliche Tätigkeit befragt, die Probleme über ihre Tätigkeit jedoch nicht richtig eingeordnet habe. Er bestätigt auf Nachfrage des Arbeitgebers, dass die Betroffene lediglich Arbeiten unterlassen solle, für die sie ihren Daumen belasten müsste.
Damit könne sie folgende Tätigkeiten weiterhin ausführen:
- Kunden empfangen
- Telefonate führen
- Akten sortieren
- Koordination von Terminen
- E-Mail-Korrespondenz
- Allgemeine Büroorganisation
Auf diese Weise können die meisten Tätigkeiten im Betrieb weiter ausgeführt werden, während die Genesung des Mitarbeiters nicht beeinträchtigt wird. Zudem kann das Kleinunternehmen seinen Betrieb zu 100 Prozent aufrechterhalten, da sonst niemand das Sekretariat belegen könnte. Das KMU ist erleichtert – und Krankentaggelder werden eingespart.
2. Ein Lagermitarbeiter bricht sich während der Arbeit das linke Bein und ist nach der Operation im Gehen eingeschränkt. Es liegt ein Arztzeugnis vor, welches eine 100-Prozent-Arbeitsunfähigkeit (AUF) bestätigt. Da der Betrieb, in dem der Mann tätig ist, im Rückstand ist, holt der Lagermitarbeiter auf Nachfrage des Arbeitgebers selbst ein detailliertes Arztzeugnis ein.
Dieses ergibt, dass folgende Tätigkeiten trotz der Verletzung ausgeführt werden können:
- Einfache Bestandskontrollen
- Sämtliche Arbeiten am Computer
- Einkauf am Telefon oder per E-Mail
- Unterstützung von anderen Bereichen (z. B. administrative Spedition oder IT)
- Organisatorische Aufgaben
In diesen Fällen ergibt sich ein wiederum völlig anderes Bild von der Arbeitsunfähigkeit, nämlich, dass bei einem detaillierten Arztzeugnis auch ganz andere Ergebnisse entstehen, die Problematik pragmatischer gehandhabt wird und im Endeffekt Gesundheitskosten gespart werden.